Die Modefarbe 2020: Gelb
Hauchzartes Gelb sorgt diesen Sommer für richtig gute Laune und hat es neben der Farbe Rosa als eine weitere Pastellfarbe auf die Trendliste des Jahres 2020 geschafft.
Poträt Carina Greiner & Illustration von Mirjam Schrei
Der helle Farbton Gelb wirkt lässig und elegant zu gleich, so wie der Zitronenfalter und die Geschichte von seiner Reise. Davon erzählt euch Carina Greiner, Eventmanagerin bei Kastner & Öhler und leidenschaftliche Geschichten-Erzählerin: „Ich habe immer schon gerne Geschichten geschrieben. Geschichten hauchen einem Thema Leben ein, füllen es mit Emotion und wichtigen Denkanstößen. Ein richtiges Kopfkino, das man überallhin mitnehmen kann. Unser aktuelles Saisonthema, ‚Kunstwerk Natur‘, steckt voller schöner Geschichten. Es geht darum, unseren Blick vom großen Ganzen einmal auf das Kleine, auf die Details zu richten – um auch ihre Schönheit zu erkennen. Die Natur steckt voller kleiner Wunder, von denen sich unzählige (Strukturen, Muster, Farben, …) auch in unserer Mode wiederfinden. Unsere aktuelle Situation schenkt uns mehr denn je die Möglichkeit, innezuhalten und sich Zeit für diese kleinen, schönen Dinge des Lebens zu nehmen. So wie sich manche Menschen in der Geschichte vom Zitronenfalter für den kleinen Schmetterling Zeit nehmen, der ihnen den Sommer ankündigt.“
background image @francisco-de-legarreta
Die Reise des Zitronenfalters
Ich bin ein Kunstwerk der Natur. Ich bin – genau wie du – einzigartig.
Wenn die ersten Strahlen der Sonne meine hauchzarten Flügel berühren, erwache ich aus meinem Schlaf und begebe mich auf die Reise, um auch dir zu verkünden: „Es ist soweit! Der Sommer kommt!“ Voller Begeisterung flattere ich an deinem Fenster vorbei, über erblühende Gärten und frisch aufgetaute, glasklare Bäche. Denn der Frühling liegt schon bald hinter uns und auch ich freue mich auf die vielen Sonnenstunden und lauen Sommernächte.
background image @v2osk
Vom Dach des Uhrturms aus beobachtete ich eines Tages im Februar das geschäftige Treiben am Schlossberg in Graz. Gerade eben war wieder eine Menschengruppe eingetroffen und begann eifrig zu fotografieren. Das war meine Chance. Ich spreizte meine zitronengelben Flügel so weit ich konnte und fing damit die warmen Sonnenstrahlen ein. Wie ein kleiner Stern leuchtete ich so vom Dach des Uhrturms und wurde auf tausenden Erinnerungsfotos verewigt. Wenn sich die Menschen später ihre Fotos ansehen, dachte ich, werden sie mich entdecken und aufgeregt den anderen erzählen, dass sie mich in dem ganzen Tumult gar nicht gesehen hatten.
background image @ronak-jain
Kurz darauf flog ich eilig hinunter in die Stadt. Um mich herum erwachte allmählich alles zum Leben: Feine Gräser zwängten sich zwischen den Steinplatten der Stiege der Sonne entgegen und die Vögel zwitscherten den Menschen ihre Lieder vor. Auch am Hauptplatz war wie immer unglaublich viel los. Hastig wurden abwechselnd Blicke auf Armbanduhren und die Ankunftszeiten der nächsten Straßenbahnen geworfen. Kaum jemand entdeckte mich hier, da sich die Aufmerksamkeit der Menschen zwischen den vielen Telefonaten und Social Media Bildern verlor. Nur ein älterer Herr saß ruhig auf einer Bank und beobachtete das Geschehen. Seine Augen folgten mir eine Weile und kaum merklich formte sich ein Lächeln auf seinen Lippen.
background image @etienne-girardet
So flog ich den ganzen Tag von einem kleinen Wunder zum nächsten und war bereits auf dem Weg zurück zum Schlossberg, als ich vom Lachen eines Kindes in einen Park gelockt wurde. Kleine Füße huschten über das weiche Gras, staunende Augen fixierten lustig geformte Holzstücke und aufmerksame Ohren nahmen ununterbrochen neue Geräusche wahr. Ich flatterte beiläufig an einem Kleinkind vorbei, das im Schatten eines Baumes spielte. Sein Blick blieb in unendlicher Faszination an mir haften. „Mama!“, rief es aufgeregt und zeigte mit seinem winzigen Finger auf mich. Eine junge Dame sah von ihrem Buch auf und lächelte: „Das ist ein Schmetterling, mein Schatz, ein Zitronenfalter. Schau, wie schön er leuchtet!“
background image @etienne-girardet
Als ich an diesem Abend wieder auf dem Dach meines Uhrturms saß, war ich sehr glücklich. Ich nahm mir vor, solange auf Reisen zu gehen, bis ich jedem Menschen vom Sommer und all seinen Wundern erzählt hatte. Denn weißt du, ich bin gerne auf dieser Welt, in der es so unendlich Vieles zu entdecken gibt. Und wenn du dir einen Moment Zeit nimmst, inne hältst, und genau hinsiehst, wirst du all diese Wunder, all diese Kunstwerke der Natur, ebenfalls für dich entdecken.
background image @felipe-correia